Navigationshilfe für Bauhaus-Fans – Ein „kleines lexikon bauhaus weimar“ ist in der Weimarer Verlagsgesellschaft erschienen.
Weimar. Die völlig sachliche und korrekte Abhandlung des Gegenstandsbereichs ist für Lexikon-Autoren professionelle Pflicht. Dennoch müssen, wie das druckfrische „kleine lexikon bauhaus weimar“ beweist, ihre Kolumnen keineswegs dröge und langweilig sein. Sondern es liegt eben auch eine Kunst darin, durch beherzte Auswahl der Stichwörter und eine frische, verständliche Art der Darstellung besondere Akzente zu setzen.
So behandelt der vorliegende, 237 Seiten starke Band die 1919 in Weimar gegründete Bauhaus-Bewegung vornehmlich unter thüringischen Aspekten; regionale Zeugnisse des Bauhauses verdienen folglich, anders als in vielen vergleichbaren Werken, überproportionale Würdigung: etwa das Haus am Horn, das Märzgefallenen-Denkmal und das Gropius-Zimmer in Weimar oder das Theaterhaus, die Mensa am Philosophenweg und das Abbeanum in Jena. Selbst Alfred Arndts „Haus des Volkes“ in Probstzella wird abgebildet und die von Walter Gropius entworfene Gedenktafel am DNT in einem eigenständigen Artikel vorgestellt. Auf Fotografien der Dessauer Meisterhaus-Siedlung oder des dortigen Schulgebäudes wurde hingegen verzichtet. Eine Stärke des Lexikons beruht in den zahlreichen biografischen Beiträgen, in denen auch landläufig weniger bekannte Bauhaus-Künstler zum Zuge kommen: Carl Jakob Jucker, Else Mögelin, Werner Graeff, Fréd Forbát, Naum Slutzky oder Franz Ehrlich zum Beispiel. Letzterer entwarf, wie jüngste Forschungen erst belegten, die Typografie des zynischen Spruchs „Jedem das Seine“ am Lagertor des Konzentrationslagers Buchenwald in einer Bauhaus-affinen, also eigentlich „entarteten“ Schrift – Beleg für einen mutigen, subversiven Widerstand gegen das NS-Regime. Erfreulicherweise werden zudem die Verbindungen Adolf Hölzels oder Johannes Mohlzahns zum Bauhaus beschrieben – während man auf einen Artikel zu Walter Dexel, der sich von Jena aus engagiert für die Bauhäusler eingesetzt hat, verzichtete.
Sichtlich haben sich die Autoren – Verleger Michael Maaß und sein Lektor Ulrich Völkel, Frank Boblenz als Abteilungsleiter des Thüringer Hauptstaatsarchivs sowie Christian Tesch als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bauhaus-Universität – darum bemüht, das Bauhaus als eine lebendige Avantgarde-Bewegung zu charakterisieren. So erfährt der Leser nicht nur von Bauhaus-Tracht und Bauhaus-Festen, sondern auch über regionale Einrichtungen, die heutigentags die Bauhaus-Ideenwelt vermitteln: etwa die Bauhaus-Spaziergänge, das Bauhaus-Transferzentrum Design oder das Netzwerk Impuls Bauhaus. Der für Lexika unübliche chronologische Abriss im Anhang endet auch nicht mit der Auflösung des Bauhauses 1933 in Berlin. Sondern es wird eine Kontinuität von der Gründung der Großherzoglichen Kunstschule anno 1860 bis heute – zur Bauhaus-Universität – hergestellt. Insofern fällt das Erscheinen des „kleinen lexikons“, das von Dieter Bauhaus, dem Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Mittelthüringen, und von TLZ-Chefredakteur Hans Hoffmeister maßgeblich unterstützt wurde, auf ein „verstecktes“ Bauhaus-Jubiläum. Es wird kunstsinnigen Besuchern Thüringens als ein Navigator dienen – und sicherlich zum 100. Bauhaus-Jubiläum 2019 seine zehnte, erweiterte Auflage erreichen. Das Buch ist ab sofort im TLZ-Pressehaus Weimar erhältlich.
Thüringische Landeszeitung am 30.04.2010