Völkel sieht in August Heinrich Hoffmann ( 1798-1874) – der sich einen Adelstitel anheftete, weil es ihn wurmte, von den blaublütigen Fräuleins nicht als standesgemäß betrachtet zu werden – einen sprachgewaltigen Dichter des 19. Jahrhunderts. Hoffmann von Fallersleben gehörte zu jener „Vormärz“-Generation, die zwischen Aufbruch und Anpassung, Revolution und Restauration geistig fast zerrissen wurde, wie auch Heine, Weerth, Herwegh oder Freiligrath. Man kennt Hoffmann als Verfasser des „Deutschlandlieds“ mit der vielfach falsch gedeuteten und von den Nazis missbrauchten Zeile „Deutschland, Deutschland über alles“, das, von Haydn vertont, 1922 per Dekret des Reichskanzlers Friedrich Ebert zur deutschen Nationalhymne wurde. Geschrieben hatte der unter der deutschen Kleinstaaterei leidende Hoffmann das Gedicht nicht aus nationalistisch überheblicher Gesinnung, sondern aus tiefster Sehnsucht nach einem „einig Vaterland“.
Von einem konsequenten politischen Programm wie bei den Junghegelianern könne man bei ihm zwar nicht sprechen, schreibt Völkel im Vorwort zu der Gedicht-Sammlung, doch hätten seine Lieder „wesentlich zur politischen Bewusstseinsbildung der Deutschen beigetragen. Wären es wirklich nur läppische Verse gewesen, die Zensoren hätten ihn nicht mit solchem Eifer verfolgt, die Polizei ihn nicht steckbrieflich gesucht, die Potentaten ihn nicht des Landes verwiesen, die Universitäten ihn nicht gefeuert – und das Publikum ihm nicht so frenetisch Beifall gespendet.“
Völkel hat für seinen Band aus etwa 2700 Gedichten eine kluge Auswahl getroffen, die mit bekannten Kinderliedern schließt: „Bienchen, summ herum!“ oder „Kuckuck, Kuckuck ruft’s aus dem Wald!“.
Hoffmann von Fallersleben: Gedichte und Lieder. Ausgewählt und kommentiert von Ulrich Völkel, weimarer taschenbuch verlag, 200 S., 10 Euro
18.12.2008 Von Frank Quilitzsch