… sehen, was man nicht sieht. Eingefahren in 25 Thüringer Abgründe
Nomen est omen. Im Namen liegt eine Vorbedeutung. Wo sonst also sollte ein Buch über Höhlen präsentiert werden als in einer Höhle selbst?
In der Parkhöhle des Weimarer Ilmparks stellte der in Ilm-Athen lebende Autor Ulrich Völkel zu Jahresbeginn seine damals neueste Publikation vor. Da opulent bebilderte Werkt nennt sich nüchtern und präzise mit „Höhlen, Grotten, Schaubergwerke in Thüringen“ und ist – so viel sei vorab gesagt – einer der gelungensten Bildbände, die unsereinem in diesem langen Jahr 2008 unter die Augen kam.
Unter die Augen – die entsprechende Präposition führt uns direkt unter Tage. Dorthin nämlich, wohin sich Buchautor Völkel wieder und wieder begab., um für sein fast 240 Seiten zählendes Buch zu recherchieren, Es wurde, wie es im Buchuntertitel heißt, eine „Wanderung unter Tage, über Tage, aber nicht alltäglich“. Die kleine Wortspielerei läuft darauf hinaus,, dass Völkel sich nicht einfach als Höhlenforscher betätigte, sondern wirklich und wahrhaftig in ganz Thüringen unterwegs war, um mehr oder minder Bekanntes über mehr oder minder bekannte Unterhöhlungen ans Tageslicht zu fördern. Folgen wir ihm doch mal.
Natürlich war der Mann in der Barbarossahöhle, in den Saalfelder Feengrotten, im Rabensteiner Stollen, in der Friedrichrodaer Marienglashöhle. Auch in der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, auch im Erlebnisbergwerk Sondershausen. Und selbstverständlich im Parkhöhlenmuseum Weimar.
So weit, so tief, so gut. Ulrich Völkel geht aber mehr als einen Schritt weiter – er geht auch tiefer. Soll nur mal einer behaupten, die informativen und weitgehend schmucklosen Texte besäßen keine Tiefe oder gingen nicht in selbige.
Nein, nein, nein – Völkel schreibt da nicht einfach ’runter, er reißt bei seinen Reisen auch nicht bloß die Stationen herunter, um dann abzureisen. Vielmehr verbringt er – in gebotener Kürze, aber kaum gehetzt – Anekdötchen und Histörchen über Land und Leute sowohl über als auch unter Tage in einer Weise heraus, dass für den Leser wirklich etwas herauskommt. Mein lieber Berg-Mann, es fesselt wirklich, dieses Bucvh mit seinen zum Teil hinreißenden Fotografien, die den – wiederholt sei’s gesagt, geschrieben, getrommelt und gepfiffen! – überaus lesenswerten Text assisitieren. Ende der Lobhudelei.
Wir treffen uns also in der Heimkehle Ufftrungen ebenso gern wie im Traditionsschacht Ronneburg, erkunden die Vereinigten Reviere in Kamsdorf mit ähnlichem Interesse wie das Besucherbergwerk Trusetal. Ein Buch für alle und jede(n), für den Bücherfreund allzumal. Unterhaltsam dem Leselustigen, beschaulich-anschaulich dem Augen-Blickenden, lehrreich dem Neugierigen. Oder wussten Sie, weil wir gerade in Weimar sind, dass nicht nur die Anna-Amalia-Bibliothek über einen wunderschönen Rokokosaal verfügt? Sicher nicht…
Dann schlagen Sie doch flugs mal die Seite 191 auf und entdecken Sie dorten das Schaubergwerk Morassina in Schmiedefeld. Oder fahren Sie gleich hin wie weiland der damalige Bergassessor Alexander von Humboldt. Richtig, das war der auf den DDR-Fünfmarkscheinen. Aber gut, wir schweifen ab. Humboldt dürfte indes auch noch anders in Erinnerung geblieben sein.
Nun, nach so viel Beifall fürs gelungene Buch, vielleicht noch zwei entspannte, weil wertungsfreie Sätze zum Verfasser selbst. Ulrich Völkel lebt zwar seit 2001 in Weimar, geboren wurde er aber vor 68 Jahren anderwärts, nämlich im vogtländischen Plauen. Kam vom Theater, war in Rostock und Schwerin als Dramaturg und Regieassistent tätig, veröffentlichte aber damals schon im Eulenspiegel und Magazin. Trat ab 1965 auch als Romanautor herfür. Nachdichtungen, Erzählungen, Kurzgeschichten. Seit 2005 ist Völkel nicht nur als freier Autor, sondern auch als Lektor und Herausgeber tätig. Verheiratet, zwei Kinder. Noch Fragen? Keine? – Wie schön! Dann nur noch schnell was Kurzgesagtes auf Ungefragtes: Allgemeine Infos dieser Art nebenan im Infokasten. Denn informiert sein ist bekanntlich alles.
12. Dezember 2008, Von John Taue